Destination Unkown

“Hey eXeler0n, es wird Zeit in dein Quartier zu gehen. Gleich kommt der Reinigungstrupp und du brauchst dringend etwas Schlaf.”, sagt der Barkeeper und zieht mein leeres Glas weg. Ich will nicht ins Quartier, ich will noch einen Drink.

Der Barkeeper lässt aber nicht locker, “Und auch wenn ich es jeden Tag erfolglos sage: Such dir endlich wieder einen Job. Ich finde es ja super, dass ich dank dir geregelte Einnahmen habe, aber dein Aussehen wertet meine Bar nicht gerade auf. Und jetzt raus hier!”. Missmutig verlasse ich die Bar, aber nicht in mein Quartier, sondern ziellos und gedankenverloren durch die Korridore der Lai Dai Station.

Keine Ahnung viel Zeit vergangen ist. Ich stehe in meinem Schiffshangar. Vor mir schwebt ein Teil meiner Schiffe am Dock. Abgesehen von den Antigravitationseinheiten sind kaum Lichtquellen im Hangar eingeschalten. Noch immer in Gedanken starre ich ein Schiff nach dem nächsten an. Meine Augen folgen den Schiffsformen und bleiben gelegentlich an den Spuren vergangener Tage hängen. Guter Tage, ruhmreiche Tage. Jeder Kratzer steht für ein überstandenes Abenteuer.

Doch diese Zeiten sind vorbei. Meine Corporation ist ein Schatten ihrer selbst. Und sie war nie ein Glanzstück. Ich bin mir bis jetzt nicht sicher, warum ich den Vertrag unterschrieben habe. Die Ausführungen des CEOs klangen vielversprechend. Ein gemütlicher Job mit freiwilliger Verantwortung und netten Kollegen. Die Bezahlung war nicht überragend, aber was sind schon ISK.
Aber eben jener CEO war am Ende das Problem. Er hatte keine Linie für das Unternehmen. Das ging so weit, dass er selbst das Unternehmen verlassen hatte, um sich einer Corporation im NullSec anzuschließen, und ganze zwei Tage später zurückzukehren, da er im NullSec nicht genug Freiheit hatte.

Das war auch die Zeit, in welcher ich meine Sachen wieder in meine Heimat nach Waskisen gebracht habe. Auf diese Station. Seitdem haben sich meine Schiffe nicht mehr bewegt und einiges an Staub gesammelt. Der weiße Lack der Astero ist eher zu erahnen. Die anderen Schiffe sehen nicht besser aus. Wofür bezahle ich das Hangarpersonal eigentlich? Zahle ich überhaupt noch?

Ich blicke auf mein NeoComm. Ja, ich zahle noch. Da werden morgen einige Menschen Ärger bekommen. Und meine Schiffe schnell auf Vordermann bringen. Wie können sie es wagen, mich zu verarschen? Ich bin derzeit eventuell nicht ganz auf der Höhe, aber ich bin noch immer ein Kapselpilot. Ein unsterblicher Gott, welcher über die Himmel herrscht.

Wo ist Scotty? Wenn ich den in die Finger bekom…


Was zur Hölle? Warum bin ich in meinem Bett? Ich fühle mich mies, als ob ich neben einem Fedo geschlafen hätte. Ein Fedo sehe ich hier nicht.
Ich war im Hangar und jetzt bin ich in meinen Quartier. Dazwischen nichts.
Was sagt mein NeoComm? Eventuell finde ich so heraus, wie ich hier her gekommen bin. Verdammt, es liegt auf dem Garderobenschrank, ich muss also aufstehen.

“Guten Morgen eXeler0n, ich habe dich im Hangar auf dem Boden gefunden. Du scheinst wieder zu viel getrunken zu haben. Ich habe dich in dein Quartier gebracht, damit du dich ausschlafen kannst.”

Scotty

Scotty? Dem wollte ich doch den Hals umdrehen. Ob meine Ohnmacht wirklich Zufall war? Wenn nicht, dann sollte ich seinen Hals in Ruhe lassen. Aber die Schiffe putzt er mir trotzdem. Dafür bekommt er einen Haufen ISK.

Auf dem Hangardeck zusammen gebrochen. Das ist peinlich. Und der Typ im Spiegel vor mir sieht wirklich bescheiden aus. Bin das wirklich ist? Was ist aus mir geworden? Hat der Barkeeper recht?

Wie heißt der Barkeeper eigentlich? Tom? Mark? Ich habe keine Ahnung. Nach Monaten in der Bar kenne ich noch nicht mal den Namen des Barkeepers. Früher hatte ich mit niemandem Kontakt, ohne ihn vorher genau zu überprüfen. Jetzt kenne ich den Namen des Barkeepers nicht.

Okay, so geht es nicht weiter. Ich muss mich zusammenreissen. Ich muss von dieser Station runter. Ich bin ein Pilot, ein unsterblicher Kapselpilot. Mein Platz ist in der Kapsel, nicht in der Bar auf einer Station. Ich sollte durch New Eden fliegen, nicht durch Stationsgäng kriechen.

« »